Gündels Kulturstall

Eigener Anbau

Ausgehend von der Tatsache, dass um 1650 der Kartoffelanbau im Vogtland erstmals feldmäßig betrieben wurde und somit das Vogtland als Ausgangspunkt für den Aufstieg der Kartoffel zum deutschen Volksnahrungsmittel angesehen werden kann, sind wir der Meinung, dass dieser Umstand noch mehr Kartoffelessern bewusst gemacht werden sollte. Daher lag es nahe, dass wir alte, historische Kartoffelsorten hier im Vogtland wieder zu neuem Leben erwecken.

Unsere ersten Anbauversuche begannen wir 2004 mit einzelnen historischen Sorten, von denen uns teilweise nur zwei bis drei Knollen je Sorte zur Verfügung standen. Dementsprechend klein und überschaubar war die Anbaufläche. Seit unserem ersten Anbaujahr sind wir aber jedes Jahr aufs Neue von den enormen Sortenunterschieden fasziniert – solch eine botanische Vielfalt ist einfach verblüffend! So erstrahlen die Kartoffelblüten in den unterschiedlichsten Farben (weiß, violett, blau, lila und rosa) und die Knollenformen und –farben weichen z.T. sehr stark von den heutigen modernen Sorten ab. Aber auch Reifezeitpunkt, Stärkegehalt oder Geschmack sind von Sorte zu Sorte sehr unterschiedlich.

Besonders deutlich mussten wir aber erkennen, dass der züchterische Fortschritt zur damaligen Zeit noch lange nicht dem heutigen Stand entsprach. Züchterisch gewonnene Sortenmerkmale und Resistenzen gegen bestimmte Pflanzenkrankheiten, wie z.B. Phytophtera, Kartoffelkrebs oder Schorfanfälligkeit, waren damals eher ein Zufallsprodukt. So haben wir sehr schnell lernen müssen, dass die alten historischen Kartoffelsorten im Vergleich zu den heutigen modernen Sorten einer wesentlich intensiveren Pflege über die gesamte Vegetationszeit hinweg bedürfen und dabei jede Sorte auch noch ihre Besonderheiten hat.

Über die Jahre ist unsere Sammlung alter Kartoffelsorten auf eine beachtliche Anzahl angewachsen (siehe auch Sortenbeschreibungen). Alle Sorten bauen wir Jahr für Jahr in einem öffentlich zugänglichen Schaugarten an, so dass von jeder Sorte immer eine geringe Menge erhalten bleibt. Für einige ausgewählte Sorten, die wegen ihres besonderen Geschmacks und/oder wegen ihres außergewöhnlichen Aussehens für unsere Verkostungen von besonderem Interesse sind, haben wir etwas mehr Anbaufläche vorgesehen.

Diese Flächen bewirtschaften wir nach traditionellem Vorbild in Form einer 4-Felderwirtschaft. Dadurch stellen wir sicher, dass die Kartoffeln nur jedes 5. Jahr auf dem gleichen Stück stehen, was besonders den Krankheits- und Schaderregerbesatz auf natürliche Art und Weise minimiert und somit den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel auf ein Minimum reduziert.

Wahrend wir anfänglich alle Arbeiten, vom Legen bis zur Ernte, mit der Unterstützung von Freunden per Hand erledigten konnten, haben wir uns zwischenzeitlich die Arbeit in kleinen Mechanisierungsschritten etwas erleichtert. Anfangs war es für die Ernte lediglich ein Pferd und eine Kartoffelschleuder unseres Nachbars. Heute verfügen wir über eine halbautomatische Legemaschine und einen Schwingsiebroder, der uns die Knollen zur Ernte aus dem Damm hebt und abgesiebt als Schwad auf dem Boden ablegt.

Unsere traditionelle Kartoffelernte ist inzwischen in der Region zu einem bekannten Fest für Groß und Klein geworden. Jeweils am dritten Septemberwochenende lesen zahlreiche freiwillige Erntehelfer die edlen Knollen wie zu Omas Zeiten von Hand und haben bei freier Verköstigung und viel Kultur sehr viel Spaß daran. Glücklicherweise verfügen wir auch über einen sehr gut klimatisierten Lagerraum, der es uns erlaubt, unser gesamtes Erntegut bis weit in den Mai hinein frostfrei und ohne jegliche keimhemmende Mittel zu lagern.


Hier können wir auch über den Winter die so wichtige qualitative Sortierung für unsere öffentlichen Verkostungen bzw. für den eigenen Nachbau ohne Zeitdruck von Hand vornehmen.