Gündels Kulturstall

9. Frage

Warum dürfen wir unsere Kartoffeln nur als Speisekartoffeln und nicht als Pflanzkartoffeln verkaufen?

Bei anderen Anbietern wird dieser Umstand gar nicht erwähnt oder lediglich mit dem lapidaren Hinweis „Verkauf als Speisekartoffel“ abgetan. Wir sind aber der Meinung, dass Sie wissen sollten, warum wir zu diesem Zusatz verpflichtet sind:

Der Gesetzgeber hat mit dem Saatgutverkehrsgesetz (SaatVerkG) festgelegt, dass Saat- und Pflanzgut nur in Form von positiv geprüften und danach zugelassenen Sorten gewerblich in den Verkehr gebracht werden darf. Grundsätzlich ist gegen diese Regelung aus Sicht des Verbrauchers nichts einzuwenden. Im Gegenteil, mit dieser Verfahrensweise soll gewährleistet werden, dass nur qualitativ hochwertiges Saat- und Pflanzgut beim Käufer ankommt.

Alle derzeit als Saat- und Pflanzgut zugelassenen Sorten sind auf der jährlich aktualisierten „Beschreibenden Sortenliste“ des Bundessortenamtes in Hannover erfasst. Diese gilt im Übrigen nicht nur für Kartoffeln, sondern für alle Nutzpflanzen. Nun sollte man meinen, dass die Zulassung und die Aufnahme einer Sorte auf die Saatgutverkehrsliste keine unüberbrückbare Hürde sein sollte. Dazu muss man sich die Zulassungskriterien etwas genauer anschauen. Unter anderem wird eine Neuzüchtung nur dann als neue Sorte zugelassen, wenn sie mindestens bei einem Prüfkriterium wesentlich verbesserte Eigenschaften als bereits zugelassene Sorten aufweist. Des weiteren muss sie einen so genannten „landeskulturellen Wert“ nachweisen. Der Begriff an sich klingt super, nur was sich laut Gesetzestext dahinter verbirgt ist eher ernüchternd: „Eine Sorte hat einen landeskulturellen Wert, wenn sie in der Gesamtheit ihrer wertbestimmenden Eigenschaften gegenüber den zugelassenen vergleichbaren Sorten, zumindest für die Erzeugung in einem bestimmten Gebiet, eine deutliche Verbesserung für den Pflanzenbau, die Verwertung des Erntegutes oder die Verwertung aus dem Erntegut gewonnener Erzeugnisse erwarten lässt...“ Übersetzt bedeutet dies, es haben nur die Neuzüchtungen eine Chance auf Zulassung, die dem Streben nach industriell verwertbarer Gleichförmigkeit, absoluter Krankheitsresistenz und maximaler Menge mit minimalem Aufwand entsprechen. Das Saatgutverkehrsgesetz schützt somit nur „Neuerungen“ und damit ausschließlich die Lizenzrechte der Züchter für ihre neuen Sorten.

Diesem Wettlauf nach Mehr, Besser, Größer und Schöner sind die alten, historischen Kartoffelsorten mit dem ursprünglichen Eigenschaften in den letzten Jahrzehnten leider zum Opfer gefallen. Im Ergebnis dieses Prozesses müssen wir leider feststellen, dass heute fast keine unserer aktuell angebauten Kartoffelsorten auf irgend einer Sortenliste eines EU-Landes mehr zu finden ist !!! Und das bedeutet, wir dürfen die edlen Knollen von Gesetzes wegen nicht als Pflanzgut in den Verkehr bringen ! Als einzige Chance bleibt uns somit die Weitergabe als Konsumgut (Speisekartoffel).

Für uns stellt sich dennoch die Frage: Haben die alten, ursprünglichen Sorten mit ihrer Vielfalt an Formen, Farben und Geschmack keinen „landeskulturellen Wert“ mehr? Wir interpretieren diesen Begriff eigentlich etwas anders ...
Mittlerweile gibt es aber einen kleinen Kreis von Enthusiasten, die sich speziell dem Thema der „Erhaltungszüchtung“ und „Gesundmachung“ (bei Kartoffeln betrifft dies hauptsächlich die Virusfreimachung) alter historischer Sorten erfolgreich angenommen haben. Leider dürfen diese alten Sorten, wie oben beschrieben, nicht offiziell als Saat- oder Pflanzgut vertrieben werden. Was also tun? Eine Neuanmeldung einer alten Sorte zur Sortenanerkennung würde aufgrund der einseitigen industriellen Ausrichtung der Prüfkriterien kaum Erfolg bringen. Neuste Versuche, aus zwei alten Sorten eine „neue“ alte Sorte zu züchten um dann eine Zulassung zu bekommen, scheinen uns erfolgversprechender, wenngleich die Sortenmerkmale der alten Sorten mit den heutigen Qualitätsansprüchen nur schwer zusammenpassen.

Gerade weil das Interesse und der Bedarf an unseren alten historischen Kartoffelsorten täglich zunimmt und wir vielleicht auch nur „Enthusiasten“ sind, verkaufen wir Ihnen die edlen Knollen sehr gerne, wenn auch offiziell „nur“ als Speisekartoffel.

Wie in jedem anderen deutschen Gesetz gibt es selbstverständlich auch im Saatgutverkehrsgesetz einige Ausnahmeregelungen. Und eine davon erlaubt beispielsweise die Weitergabe von Saatgut für Ausstellungs-, Züchtungs- und Forschungszwecke. Im weiteren Sinne könnte man unser Hobby ja auch so auslegen.

Im Internet sind wir vor längerer Zeit mal über eine unserer Meinung nach sehr treffende Formulierung gestolpert, die sinngemäß so ging:

Wir verkaufen Ihnen die Kartoffeln gerne für Ihre ganz private Ausstellungsvitrine. Aber bitte seien Sie auf dem Weg dorthin besonders aufmerksam, dass Ihnen die Knollen auf keinen Fall in ein gut präpariertes Gartenbeet fallen, denn dann fangen Sie an zu keimen. Sollten Sie einige Wochen vor dem Legen die Knollen geteilt haben oder diese bereits angefangen haben zu keimen, so seien Sie ganz besonders vorsichtig, denn in den gut gedüngten Gartenbeeten würden dann noch mehr Knollen anfangen zu keimen, und das darf auf keinen Fall geschehen.

Wir glauben, diese Formulierung trifft den Nagel auf den Kopf.

Auch wenn Sie bei uns kein „zertifiziertes“ Saatgut erwerben können, so versichern wir Ihnen:

a) Alle Sorten stammen aus eigenem Anbau.

b) Da wir auf die Knollenqualität für unsere Verkostungen besonderen Wert legen und gesundes Saatgut die wichtigste Voraussetzung dafür ist, kaufen wir unser „Saatgut“ in sehr kurzen Abständen von spezialisierten Kartoffelbetrieben neu zu, wodurch eine sehr hohe Gesundheitsrate der Knollen zu verzeichnen ist.

c) Der komplette Anbau der Kartoffeln erfolgte unter Anwendung der anerkannten acker- und pflanzenbaulichen Grundsätze und
unter kreativer Anwendung unserer im Landwirtschaftsstudium an der Uni Halle erworbenen Kenntnisse.

d) Alle Sorten wurden letzten Herbst frisch geerntet und fachgerecht eingelagert.